Tafelvine am 9. Juni 2018 am Schlossgut Ebringen
Ein wundervolles Kocherlebnis inmitten der Weinberge am Kaiserstuhl zusammen mit Ronny Loll
Ronny Loll ist eigentlich ein kochendes Nordlicht. Verschlagen in den wunderschönen Süden der Republik, brütete er das Konzept der Genussreihe TAFELVINE aus. Er kocht mit seinem Pop-Up Restaurant bei verschiedenen Winzern in der Region, und diese schenken dazu ihre Weine aus. Der Service ist familiär und wird von der Winzerfamilie übernommen. Ronny`s Credo ist regionale und ehrliche Küche, die Produkte stammen von Manufakturen und kleineren Herstellern, die das besondere Extra haben- das kommt mir als altem Slowfoodie ohnehin entgegen. (Genauere Informationen findet ihr auf Ronny`s Website: www.tafelvine.de)
Bei der Premiere 2018 im Schlossgut Ebringen (www.schlossgut-ebringen.de) durfte ich dabei sein und in seinem perfekt durchdachten und individuell gefertigten Cateringanhänger helfend zur Hand gehen. Was für ein Erlebnis!
Und was für eine Aufregung! Wie so häufig liegen gerade Anfang Juni Gewitter in der Luft. Fast täglich wird über schwere Unwetter, umgestürzte Bäume, Stromausfall und alles, was wir nicht wirklich haben wollen, berichtet. Und genau eine solche Wetterlage hatten wir auch an unserem Samstag, dem 9. Juni 2018, im Breisgau. Den ganzen Tag beobachteten wir mit Argwohn die Wolken, die Sonne und deren Konstellation zum Weinberg und dem darin bereits gut postierten Cateringwagen. Doch alle Beteiligten waren mutig und man entschloss sich einhellig, das ganze Event inmitten der Reben stattfinden zu lassen.
Und dann liefen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Neben einem 7-Gänge-Menü, welches es kulinarisch wie auch logistisch perfekt vorzubereiten galt, mussten Tafeln und Stühle, Beleuchtung und Deko, Getränke und Schirme in den Weinberg gekarrt und aufgebaut werden. Die Kühlung musste ebenso stehen, wie auch die Mülltrennung. Was für ein Akt. Doch es sollte sich lohnen.
Ein paar Stunden noch akribisch in der Küche geschnippelt und vorbereitet, der Service gebrieft, der Sektempfang vorbereitet, dann konnten die Gäste kommen. Um 18 Uhr gab es den Startschuss mit einem Kir. Ziemlich früh, denkt sich so mancher? Nein, gerade richtig, denn wir wollten so viele Gänge wie möglich im Hellen servieren… und auch im Trockenen, denn es zogen sich schon wieder dicke Cumulusse um uns zusammen.
Der Einstieg „Badener Rauchforelle/Schafsjoghurt/frische Kräuter“ war die perfekte Visitenkarte des Chefs. Schafsjoghurt und Kräuter zu einem erfrischenden Süppchen aufgemixt, die Bachforelle zusammen mit Apfel und Stangensellerie zum Tatar geschnippelt und darin angerichtet.
Dem frischen Beginn folgte eine deftige Wildfrikadelle auf Badischem Kartoffelsalat, umrandet von Wildkräutern, Haselnüssen und getrockneten Kirschen. Yammie, eine Hommage an die Tradition!
Weiter ging es jetzt mit dem für mich überraschendsten Gericht des Abends: Jakobsmuschel ohne Jakobsmuschel, ein Fake also. Stiele vom Kräuterseitling, mariniert in Sojasoße, Algen, Agavendicksaft und Miso werden beidseitig in Öl angebraten und nehmen die Textur und auch den Geschmack von echten Jakobsmuscheln an. Serviert wurde das ganze auf einem Fenchel-Karottengemüse. Das ist definitiv ein Gericht, welches ich für Familie und Freunde später mal nachkochen werde. Geht übrigens auch für Veganer….
Gang Nr. 4 nannte sich „Des Winzers Wunsch“. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe haben die jeweiligen Winzer ein Wunschgericht frei. Ronny interpretiert das selbstverständlich ein wenig, aber es spiegelt die echten Vorlieben der Gastgeber dar. Andreas Engelmann vom Schlossgut Ebringen steht auf Linsen, Ziegenkäse und ganz viel Petersilie. Wurde prompt umgesetzt und zwar mit Belugalinsen, Roter Bete, einem außerordentlich guten Ziegenfrischkäse und natürlich gaaaaanz viel Petersilie.
Trotz kurzer Unterbrechung wegen des einsetzendes Regens und der Aufstellung zahlreicher Schirme und Planen ließ der Hauptgang nicht lange auf sich warten. Dieser wurde auf großen Holzbrettern und in Schüsseln serviert. Tomaten-Brotsalat zum einen und ein trocken gereiftes Ribeye, niedrig gegart im Smoker und gefinisht auf dem Holzkohlegrill fanden ihren Platz auf den Tafeln und wurden von den Gästen mittels beigelegtem Tranchierbesteck selbst geteilt- wie in Familie. BBQ-Soße und ein selbst zubereitetes Tannenwipfelsalz (sehr gut!!!) komplettierten diesen Gang aufs Feinste. Der Knaller hierzu war der 2014er Pinot Noir „Ebringer Leinele“, der vollmundig und mit aller Kraft unterstützte.
Kühe im Schwarzwald bedeutet gleichsam Käse auf dem Tisch. Der vorletzte Gang brachte drei richtig gute Stücke des Ferments auf den Tisch: Bergkäse, Kräuterbergkäse und Münster, kombiniert mit einem Früchtebrotchip und Peperonichutney. Der dazu gereichte Spätburgunder Rose war nicht ganz meiner, aber Käse können sie, die Alemannen……;-)
Denkt man an Schwarzwald und Dessert, dann muss die Kirschentorte her. War auch so, nur ganz anders. Zerzupfter Schokokuchen am Boden, Schafs-Frischkäse in der Mitte und on Top ein Kirschsorbet-, die Schwarzwälder Kirschtorte präsentierte sich geschichtet im Glas. Das ist zwar nichts Unbekanntes, aber wenn es so lecker ist wie hier, schnappt der „Teenaged-Service“ auch gern mal dem Gast das Dessert vor der Nase weg. Es war ja mittlerweile auch schon dunkel....
Und was kam dann? Reschdle trinke, schwätze, lache und den lauen, wieder trockenen Sommerabend genießen.
Schön war’s. Der Mut hat sich gelohnt. Ein ehrlicheres Ambiente als inmitten der Reben geht kaum. Und für mich heißt das: gerne immer wieder!
Es sei noch erwähnt, dass auch der SWR an diesem Samstag vor Ort war und eine 4-minütige Reportage über das Event in der Landesschau ausgestrahlt hat. Hier der Link dazu:
Also, wer im Sommer mal im Badischen weilt, sollte sich ein solches Erlebnis nicht entgehen lassen!
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